Was läuft schief im Lande Schwyz?
(Zur Kündigung der Vereinbarung über die interkantonale Zusammenarbeit im Bereich überregionaler Kultureinrichtungen)
Mit dem Blick eines Aussenstehenden ist es schwer nachvollziehbar, warum der Kanton Schwyz aus der Kulturvereinbarung mit seinen urbanen Nachbarkantonen aussteigen will. Sind dafür wirklich finanzielle Gründe ausschlaggebend? Was ist mit den Meldungen über neu im Kanton Schwyz sich niederlassende Supermillionäre? Und brüstet sich nicht stellvertretend für den gesamten Kanton die Gemeinde Schwyz auf ihrer Webseite mit ihrem grossen Reichtum? „Zum typischen Charakter von Schwyz gehören aber nicht nur das historische Zentrum, sondern ebenso die am Rande des Dorfes verstreuten zahlreichen stattlichen Patrizierhäuser aus dem 17./18. Jh., teilweise kleine Schlösschen mit eigener Kapelle und Ringmauer. Insgesamt sind es an die dreissig dieser Prachtsbauten, die fast alle noch in Privatbesitz sind. Viele von ihnen sind Zeugen der einst blühenden Reisläuferei (fremde Kriegsdienste), die mancher Schwyzer Familie zu Ruhm und Reichtum verhalf.“ www.gemeindeschwyz.ch, unter Portrait, „Geschichte“.
Geld? Was läuft schief im Lande Schwyz, dass trotz der gloriosen Vergangenheit und den neoliberalen Lockrufen der gegenwärtigen Finanzpolitik gespart werden muss? Wollen sich die Erben der aristokratischen Eliten mit den weiterhin ertragreichen Ländereien hinter jenen Mauern verstecken, welche auf der blutigen Reisläuferei aufgebaut sind? Und sollen global operierende Konzerne dermassen begünstigt sein, dass Ihre lokale Wirkung viel zu klein bleibt? Verantwortung? Wenn ich hier nun „positive“ Nebenaspekte des Söldnertums erwähne, will ich keinesfalls die Ausbeutung der Untertanen durch die Kriegsherren verharmlosen. Ich möchte mit dem Heranziehen des internationalen Austausches, was diese Kriegsdienste bei aller Brutalität auch waren, auf die Offenheit und Neugier der Schwyzerinnen und Schwyzer hinweisen. Sie vermag Fremdes und Einheimisches auf eigenständige Art zu verbinden. War Schwyz als landwirtschaftlich ausgerichtete Voralpenregion mit wenig zählbaren Rohstoffen und Industrie nicht schon immer auf gute Kommunikationswege und Tauschhandel angewiesen? Wie sonst wäre das diatonische Akkordeon von Wien nach Schwyz gekommen und vor gar nicht langer Zeit zum sogenannten Schwyzerörgeli geworden? Will die rechtsbürgerliche Mehrheit in Regierung und Parlament die kulturelle Abschottung tatsächlich als zukunftsweisend anpreisen? Soll also dieser Austausch, wie er im wirtschaftlichen, technischen und kulinarischen Bereich als selbstverständlich gilt, in der Kultur plötzlich nicht mehr wichtig sein? Mit der Kündigung der Vereinbarung über die interkantonale Zusammenarbeit im Bereich überregionaler Kultureinrichtungen wird die Aushöhlung des Gemeinwesens zugunsten des Privatbesitzes fortgesetzt und das völlige Austrocknen des bereits kargen Nährbodens provoziert. Mit dem Anzapfen von Geldern aus dem Lotteriefonds würde die wichtige Basisarbeit in den Vereinen gefährdet. Die Unterstützung für Kunst, Jugendarbeit, Natur und Sport wäre damit in wenigen Jahren drastisch reduziert. Als Kunstschaffender konnte ich bereits mehrfach von der Schwyzer Kulturförderung profitieren. Deshalb setze ich mich dafür ein, dass die paradoxe Situation überwunden wird, in der man sich mit wahnwitzigem Reichtum brüstet, dem Gemeinwohl jedoch die wichtigen öffentlichen Ressourcen entzieht. Mit einem klaren NEIN zur Kündigung der Vereinbarung über die interkantonale Zusammenarbeit im Bereich überregionaler Kultureinrichtungen entscheiden sich die Schwyzerinnen und Schwyzer für ein vielfältiges und lebendiges Kultur- und Vereinsleben, das auch in Zukunft wachsen und blühen kann.
Bruno Steiner, Künstler, Basel, aus Schwyz